Rosalind Porter
 Rosalind  Porter                                        

 

 

Intro

 

Die Arbeiten von Rosalind Porter zeugen von einer emotionalen Verbindung zur Weite der Landschaft, zum Beispiel im Norden Großbritanniens. Die großformatigen Ölgemälde widmen sich insbesondere dem Geheimnis des Horizonts. Sie sind zugleich Annäherungen und Versuche, der conditio humana Ausdruck zu verleihen. Auch in ihren figurativen Gemälden und graphischen Arbeiten ist dies ein beherrschendes Thema. Es geht darum, bildliche Metaphern zu finden für einen Zustand jenseits der fassbaren Realität.

 

 

Ausstellung  "CORNUCOPIA"    4. Mai 2018     Nürnberg, Germany

 

Mit ihrer jüngster Ausstellung öffnet Rosalind Porter ein Füllhorn (lat. Cornucopia) atmosphärisch dichter Malerei. Stets teilt ein mehr oder weniger sichtbarer Horizont die emotional aufgeladenen Kompositionen in ein Oben und Unten. Zugleich herrscht in den ambivalent interpretierbaren Szenerien ein melancholischer Schwebezustand. Die Entgrenzung, ja Vieldeutigkeit ist ein Hauptthema Porters. Indirektes Licht dringt aus diffusen Farbwolken und Andeutungen von Bäumen sind wiederum anthropomorph zu lesen. Zwar kommt der Betrachter nicht umhin, auf den impulsiv aus dem Farbgestus heraus entwickelten Bildern Landschaften zu erkennen, doch faszinieren diese in ihrer abstrakten Qualität auch als autonomer malerischer Tatbestand. Beziehungsreich pendelnd zwischen dionysischem und apollinischem Temperament, spielt die Malerin virtuos mit dem romantischen Erbe des Erhabenen. Der Mensch wandelt innerhalb dieser artifiziellen Wetterküche als einsame Staffagefigur oder treibt als entmaterialisierte Körperhülle jenseits von Zeit und Raum. Das Freilegen von tiefer Liegendem beschäftigt Porter umso mehr in ihren Arbeiten auf Papier. Hier kann das schichtweise Abreißen des Malgrundes als Metapher für das generelle Interesse der Künstlerin verstanden werden, Existenzielles unter der sichtbaren Oberfläche erfahrbar zu machen.

 

Dr.Harald Tesan, Kunsthistoriker

 

 

 

 

Rosalind Porters Malerei, eine kurze Einleitung von

Dr. Joachim Stark, MA  Kunsthistoriker

 

Seit der Gotik und erst recht seit der Renaissance ist die Landschaft in der  Malerei fester Bestandteil der Bildkomposition. Der Betrachter konnte oft die Landschaft wiedererkennen als seine eigene Umgebung. Das Heil, die Erlösung, ereignete sich auch in seiner Welt. Jerusalem oder das Heilige Land waren nicht mehr der alleinige Ort der religiösen Wunder und Verheißungen.

Im 17. Jahrhundert wurde die Landschaft mehr und mehr zu einem eigenen Genre. Die Niederländer malten den Wandel der Jahreszeiten und bevölkerten ihre Gemälde mit Menschen, die ihren alltäglichen Verrichtungen nachgehen. Die Franzosen ergingen sich in heroischen Landschaften, in denen die Ruinen antiker Tempel oder auch mythologische Szenen an die Größe vergangener Epochen erinnerten. Typisch für das 18.Jahrhundert war die Landschaft, der Park oder der Garten, der Ort galanter Feste und erotischer Abenteuer. Die englischen Maler des 19.Jahrhundert schließlich zeigten die Landschaft als Gegenstand der Arbeit mit ihren dunklen Seiten, wo die Hütten der Landarbeiter standen und den hellen Partien, wo sich die Adelssitze befanden. Immer aber wurde die Landschaft als etwas gesehen, das Weite und Tiefe hatte, in der das Auge des Betrachters auf Wanderschaft gehen konnte.

Rosalind Porter's Landschafts-Malerei verwendet keine dieser kompositorischen Merkmale der Tradition. Ihre Bilder haben oftmals keinen Bezug zu einer konkreten, existierenden Landschaft und selbst da, wo der Titel des Bildes eine bestimmte Landschaft nennt, wird das Bild zur Metapher von etwas anderem, nämlich seelischen Empfindungen und Zuständen. Insofern steht sie in der Tradition der Romantik. Das mag auf den ersten Blick nicht sofort erkennbar sein, da die Bilder oft stark abstrahierend wirken. Aber es geht darum, emotionale Zustände festzuhalten und im Betrachter zu evozieren. Durch die Komposition werden dunkle, mitunter klaustrophobische Stimmungen transportiert. Erdfarbene oder tiefblaue Farbmassen beherrschen den Vordergrund, ein Mittelgrund wird selten sichtbar. Stattdessen erhebt sich hinter der Horizontlinie ein Licht, das den Ausweg zu weisen scheint aus den verschatteten Vordergründen. Doch sie wollen erst durchschritten und überwunden sein. Und ob das den meist einsamen, schemenhaften Figuren im Vordergrund gelingt, ist offen.

Diese Landschaften, aber auch Rosalind Porters gelegentliche Ausflüge in das figurative Genre mit Stillleben und Interieurs, zeigen uns Situationen, die den Menschen einengen, ihn mit übermächtigen Kräften zu beherrschen suchen. Sie zeigen das Verflochtensein in das irdische Dasein mit all seiner Unfreiheit, seinen Zwängen, seiner Vergeblichkeit.  Die Zeichen der Hoffnung erscheinen nur an einem fernen Horizont.

Rosalind Porters Seelenlandschaften mögen aus einem subjektiven, individuellen Erleben gespeist sein. Aber sie zeigen doch allgemeingültige Aspekte der conditio humana in einer Welt, die die Freiheit und das Recht auf Glück postuliert, aber das Individuum im gleichen Atemzuge den Zwängen der Warenproduktion und damit der Verdinglichung unterwirft.

 

Text: Dr.Joachim Stark, Kunsthistoriker MA